Manchmal findet man über Umwege Dinge, die einem Freude bereiten. Vor ca. drei Jahren haben wir meinem Papa einen Walking-Kurs geschenkt. Leider freute er sich zunächst nicht besonders. Das kann immer passieren, wenn man jemandem eine Freude bereiten will. Die verhaltene Freude stellte sich als Glücksfall heraus. Mein Papa verschob die Terminvereinbarung immer und immer wieder. Er hatte keine Lust. Dann hatten wir die Idee, dass wir, seine zwei Frauen- seine Frau und Tochter, ihn begleiten. Das war der entscheidende Wendepunkt.
Noch sehr genau kann ich mich an diesen Herbstmorgen erinnern, und vor allem an den skeptischen Blick meines Vaters. Der Trainer des Walking-Kurses war ungefähr im selben Alter wie er. Ich glaube das führte dazu, dass das Eis brechen konnte. Der Trainer erklärte alles sehr verständlich und anschaulich, und als es zum Start ging, fragte er uns Frauen spontan, ob wir nicht Lust hätten mitzukommen. Ich war nicht wirklich begeistert, denn ich selbst joggte sehr gern. Walken war eher etwas für Ältere, so dachte ich jedenfalls damals.
Ich wollte jedoch meinen Eltern eine Freude bereiten. Meine Mum war sofort begeistert und so entschloss ich mich, mitzugehen. Zum Glück, denn ich lernte, gemeinsam mit meinen Eltern, wie man die Stöcke richtig benutzte. Das war ein besonderes Erlebnis. Wir hatten viel Spaß, denn anfangs ist es mit der Koordination gar nicht so einfach. Die Arme und Beine wollten nicht so wie sie sollten. Wie schwer ist es doch manchmal, wenn man etwas Neues lernt. Jedenfalls scheint es zu Beginn so. Wir brauchen Geduld, und wie in unserem Fall auch Unterstützung, um mit Freude Walken gehen zu können. Als Joggerin, die schnell umknickt, schien mir am Ende der Einweisung, Walken eine gute Option. So entschloss ich mich für eine Kombination von Joggen und Walken. Die Zurückhaltung meines Vaters war am Ende für uns alle ein Gewinn: in einem eigentlich gebuchten Einzeltraining wurden Vater, Mutter und Tochter in die Kunst des Walkens eingewiesen. Ein Geburtstagsgeschenk, das am Ende drei Herzen erfreute.
Ich war am Samstag nach einer Aktivpause mit einer Walkinggruppe im Park in Versailles unterwegs. Diese hatte ich eine Woche zuvor getroffen und war von deren Kondition beeindruckt: die Walker*innen waren unglaublich schnell unterwegs. Ich sprach einen Teilnehmer an und es stellte sich heraus, dass er der Coach ist. Michel sprach fließend Englisch, was die Kommunikation erleichterte, denn meine Französischkenntnisse haben noch viel Entwicklungspotential. Ich fragte ihn, wann sich die Gruppe immer treffen würde. Nun, ich war am Samstagmorgen am Port de Saint Antoine , einem Seiteneingang des Parks. Noch heute spüre ich Muskeln, die ich gar nicht mehr kannte. Dass Walken ein sehr gesunder Sport ist wusste ich, doch dass man so viele Muskeln trainiert, wenn man sich auf die Technik konzentriert, das war mir nicht bewusst. Wir gingen die wilden Wege des Parks entlang, was ich sehr genoß. Die letzten zwei Kilometer konnte ich mit der Geschwindigkeit nicht mehr mithalten. Michel motivierte mich und meinte, das ich dran bleiben solle. Allein würde ich niemals so intensiv walken und es eher gemütlich angehen. Doch es tut gut, sich neue Ziele zu setzen. Nicht im Sinne eines Wettkampfes sondern eher im Sinne, die eigene Kondition zu verbessern. Hierfür braucht es eben auch einmal, dass man seine körperlichen Grenzen spürt und außer Atem kommt. Ich werde in jedem Fall weiter in der Gruppe mitlaufen, denn in Gemeinschaft macht es mehr Freude.
Darüberhinaus tut es gut, wenn ein Profi ein Auge auf die Technik hat. So schleichen sich gar nicht erst Fehler ein.
Warum Bewegung glücklich macht
Nicht nur unserem Körper tut regelmäßige Bewegung gut, auch unserer Psyche.
So haben Studien der Universität in Ontario (Kanada) herausgefunden, dass der Teufelskreis negativer Gedanken durch Walken durchbrochen werden kann. Testpersonen fühlten sich entspannter und hatten eine positivere Sicht auf ihr Leben. Wenn man sich auf das schnelle Gehen konzentriert, kann man unmöglich im Gedankenkarusell stecken bleiben.
Bewegung ist Leben. Wenn wir einer Sportart nachgehen werden Endorphine (Glückshormone) ausgeschüttet. Diese entstehen vor allem durch starke Bewegung, die durchaus auch einmal herausfordernd sein kann, wie es in meinem Fall war: Ich war ziemlich außer Puste nach der Walking-Tour. Danach war ich wirklich erschöpft, aber so glücklich und ein bisschen stolz, es geschafft zu haben, so dass die Anstrengung ganz schnell vergessen war. Auch baut unser Körper in der Bewegung Stresshormone ab, und das wiederum lässt uns das Schöne im Alltag leichter wahrnehmen. Manchmal grübeln wir viel zu lange. Uns fällt einfach keine gute Idee ein. Auch hier hilft Bewegung - sei es zum Beispiel Spazierengehen, Laufen, Walken, Schwimmen oder Tanzen. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass Bewegung unsere Kreativität fördert und unser Konzentrationsvermögen steigert. Gerade auch für ältere Menschen ist Bewegung wichtig. Es heißt nicht umsonst: "Wer rastet, der rostet." Meine Eltern gehen ganz regelmäßig ihre Walking-Runden im Wald. Sie sagen selbst, dass ihnen das sehr gut tut: körperlich und seelisch. Was auch immer wir bevorzugen, Hauptsache ist, dass wir in Schwung bleiben im Innen und Außen.
Ich wünsche dir einen schwungvollen September!
Liebe Grüße, Susann
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